Aktenfälschung am Bundesverfassungsgericht aufgedeckt!

Donnerstag, 19. April 2012

Zehn Jahre nach dem neuen Parteiengesetz

Zehn Jahre nach dem neuen Parteiengesetz

Viele Fortschritte und drei Baustellen

Vor zehn Jahren beschloss der Bundestag die Neuregelung des Parteiengesetzes. Spendenskandale sollten so vermieden werden. Kritiker bemängeln jedoch die Umsetzung, vor allem in der Frage des Parteisponsorings. Was hat sich in Deutschland verändert? Und wo ist nach wie vor Handlungsbedarf?
Von Carsten Schabosky, WDR, ARD-Hauptstadtstudio
Beifall im Bundestag - und zwar parteiübergreifend. Beklatscht wurde vor genau zehn Jahren das neue Parteiengesetz. Darin wird geregelt, wie was innerhalb einer Partei zu laufen hat - vor allem die Parteienfinanzierung. Der SPD-Abgeordnete Harald Friese formulierte es damals so: "Dieses konsequente und harte Sanktionssystem, verbunden mit der Strafandrohung, gibt zu der Hoffnung Anlass, dass Parteispendenskandale der Vergangenheit angehören."
Die wichtigsten Punkte: Parteispenden über 50.000 Euro müssen seitdem sofort dem Bundestagspräsidenten gemeldet werden. Und: Erbschaften über 10.000 Euro müssen mit Namen veröffentlicht werden. Wer sich nicht daran hält, dem drohen hohe Haft- und Geldstrafen. Unterm Strich schneidet Deutschland seitdem im Korruptionscheck gut ab, meint Professor Uwe Volkmann, Rechtsphilosoph an der Uni Mainz: "Wir haben im internationalen Vergleich ein relativ hohes Maß an Transparenz und Vorkehrungen gegen politische Korruption erreicht."
 Carsten Schabosky (WDR), ARD Berlin 18.04.2012 18:51 | 3'33
  • Download Download der Audiodatei: 
    Wir bieten dieses Audio in folgenden Formaten zum Download an:

    •  

Meldepflichtiger Betrag zu hoch angesetzt?

Und trotzdem gibt es weiterhin drei Baustellen. Erstens: die Veröffentlichungspflicht. Einige Experten glauben, dass die Höhe von Spenden, die gemeldet werden müssen in Deutschland noch immer zu hoch angesetzt ist. Statt 10.000 Euro wäre es für mehr Transparenz besser, schon die Hälfte melden zu müssen.
Jürgen Rüttgers (Foto: dpa) Großansicht des Bildes Jürgen Rüttgers geriet wegen einer Preisliste für Auftritte mit ihm in die Kritik. Zweites Stichwort: die UN-Konventionen gegen Korruption. Die hat Deutschland noch immer nicht umgesetzt. In den meisten Industriestaaten gibt es Gesetze, mit denen korrupte Parlamentarier bestraft werden können. Nur nicht bei uns. Damit befindet sich Deutschland in Gesellschaft mit Ländern wie dem Sudan oder Somalia, kritisiert auch Professor Volkmann. "Es gibt bei uns in der Bundesrepublik bereits jetzt den Tatbestand der Abgeordnetenbestechung. Der ist allerdings beschränkt auf den eigentlichen Stimmenkauf. Die UN-Konvention verlangt, dass der Tatbestand ausgedehnt wird auch auf alle sonstigen mit dem Mandat zusammenhängenden Tätigkeiten."

Sponsoring immer wichtiger für Parteitage

Baustelle Nummer drei: Parteisponsoring. Dieses ist spätestens 2010 ins Gerede gekommen, durch den damaligen nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers. Der Vorwurf damals: Rüttgers habe sich für Fototermine und Gespräche mit Firmen bezahlen lassen. Zumindest bei der Finanzierung von Parteitagen spielt Sponsoring eine immer größere Rolle. Für sehr viel Geld dürfen dort große Firmen, egal ob Chemieunternehmen oder Autobauer, ihre Stände aufbauen. Und sie zahlen dafür mehr als bei "echten" Messen. "Bei der SPD sind es zum Beispiel 320 Euro pro Quadratmeter, das ist das Zweifache der internationalen Funkausstellung", sagt Christan Humborg Geschäftsführer von Transparency International in Deutschland.

Fragen und Antworten

Jürgen Rüttgers, Stanislaw Tillich
Weitere Meldungen Welche Auswirkungen hat "Parteien-Sponsoring"? Was versprechen sich Unternehmen und Parteien vom Sponsoring? tagesschau.de hat Antworten auf die wichtigsten Fragen zusammengestellt. [mehr]

"Nichts ist geschehen!"

Sponsorengelder müssen von den Parteien nicht ausgewiesen werden. Nur ans Finanzamt werden sie gemeldet, beiläufig als "Einnahmen aus Veranstaltungen". Und keine Partei hat offenbar ein Interesse daran, gegen die lasche Behandlung von Partei-Sponsoring vorzugehen - sagt zumindest Humborg. Schon damals, nach den Vorwürfen gegen Rüttgers, sei nichts geschehen: "Da hatten wir dann eine Debatte um Partei-Sponsoring und dann haben die Parteien das mal wieder brav alle zusammen zu den Akten gelegt und haben es nicht weiter angerührt."
Das Fazit hat der Bundestag damals vor genau zehn Jahren schon selber gezogen: "Das, was wir hier ja gemeinsam gemacht haben, ist keine Revolution, aber eine beachtliche Reform." Eine Reform, die weitergehen muss!
Stand: 19.04.2012 00:23 Uhr